Neue Gentechnik: Leere Versprechungen für Klima und Landwirtschaft

GLOBAL 2000, BUND, Bio Austria und ÖBV-Via Campesina Austria fordern mehr Nachhaltigkeit und Vielfalt auf unseren Feldern

© Dominik Linhard (CC BY-NC-ND-SA)
© Dominik Linhard (CC BY-NC-ND-SA)

Die -Kommission hat mit der Farm-to-Fork-Strategie eine nachhaltigere Landwirtschaft, weniger Pestizide, mehr Bio-Landwirtschaft und die Unterstützung bei der Klimaanpassung der Landwirtschaft versprochen. Die Chemie- und Saatgutindustrie nutzt nun dieses Versprechen für den Versuch, das EU-Gentechnikrecht auszuhebeln: Allein die bloße Ankündigung von möglichen klimafitten Pflanzen mittels Neuer (NGT) wird genutzt, um die umfassende Risikoprüfung, lückenlose Rückverfolgbarkeit und verpflichtende Kennzeichnung von NGT-Pflanzen abzublocken. „Dabei verlangen gerade die neuen, tiefgreifenden Änderungen in der DNA der Pflanzen ein Festhalten an der bestehenden Regulierung durch das EU-Gentechnikrecht. Die von der Biotech-Industrie versprochenen klimafitten Gentechnik-Pflanzen erweisen sich als taktische Versprechen und hypothetische Lösungen. Wir fordern, dass Neue Gentechnik in Europa strikt reguliert bleibt. und Forschung sollen in der Klimakrise systemische Lösungen stärken, um unsere Landwirtschaft resilient und zukunftsfit zu machen”, so GLOBAL 2000, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und die bäuerlichen Organisation BIO AUSTRIA und ÖBV – Via Campesina Austria.

Alte Versprechen, neu verpackt
Entwickler:innen und Profiteure der Neuen Gentechnik – wie CRISPR/Cas oder TALENs – verkaufen ihre Technologien gerne als „Alleskönner“ zur Bewältigung der Klimakrise und zur Pestizidreduktion. „Ein Versprechen, das skeptisch macht: Denn schon vor über 20 Jahren kündigten die Konzerne der klassischen Gentechnik eine Reduzierung von Pestiziden durch ihre Technologien an. Seitdem sind die Pestizidmengen in der Landwirtschaft aber gestiegen“ so Brigitte Reisenberger, GLOBAL 2000 Gentechniksprecherin. Denn die Natur passt sich an: Immer mehr Unkräuter trotzen den Herbiziden und haben Resistenzen gebildet. Bei herbizidtoleranten gentechnisch veränderten Sojasorten hat man gesehen, wie die eingesetzten Herbizidmengen über die Jahre gestiegen sind. Herbizidresistente Pflanzen fördern eine intensive, monokulturelle und industrielle Landwirtschaft.

Extrem komplex: Stressresistente Pflanzen
Die Biotech-Industrie verspricht mit den Methoden der Neuen Gentechnik zudem die Produktion von robusten, klimatoleranten und nachhaltigen Pflanzen mit großen Erträgen. Jedoch beruhen Eigenschaften wie Dürretoleranz nicht auf einzelnen DNA-Strängen, sondern gehen aus einem komplexen Zusammenspiel unterschiedlicher Gene und der Umwelt der Pflanze hervor. Stressbedingungen (Hitze, Dürre, Schädlinge etc.) treten durch die steigenden Extremwetterereignisse überhaupt in Kombination miteinander auf. „Klimafitte” Sorten herzustellen ist extrem komplex, ob NGT-Pflanzen, die besser mit abiotischen Stress umgehen könnten, jemals die Marktreife erreichen, ist unklar. Es ist zudem fraglich, ob diese Pflanzen auch außerhalb eines geschützten Laborsettings gedeihen könnten.

Die Zahlen des Joint Research Centre (JRC) der EU zeigen die Dominanz von Herbizidtoleranz bei NGT-Pflanzen: Von den NGT-Pflanzen im vorkommerziellen Stadium ist die größte Merkmalsgruppe – sechs von 16 Pflanzen – herbizidtolerant. Von den 16 Pflanzen werden zwei auf biotische Stresstoleranz (Stress durch lebende Organismen wie Pflanzenschädlinge und Pilzkrankheiten) und keine einzige auf abiotische Stresstoleranz (Stress durch nicht lebende Faktoren wie extreme Witterungsbedingungen, salzhaltige Böden) hin entwickelt. Auch Untersuchungen der Fachstelle Gentechnik und Umweltzeigen, dass es in der Kategorie Umgang mit abiotischem Stress bei den marktorientierten Anwendungen erst wenige Studien gibt: Insgesamt sind dies nur fünf relevante Studien von 231 untersuchten marktorientierten Studien insgesamt. Das widerlegt die Behauptungen der Industrie, kurz- oder mittelfristig Pflanzen für die Klimakrise erzeugen zu können. Entsprechend ist derzeit auch keine einzige Pflanze im Zulassungsverfahren, die besonders gut mit abiotischen Stressfaktoren (z.B. Trockenheit, Hitze, Frost) umgehen kann.

„So verführerisch die Versprechungen sein mögen: Es gibt keine einfachen Lösungen. Statt mit neuer Gentechnik auf ein ‚Weiter so‘ in der Landwirtschaft zu setzen, muss sich das Agrarsystem grundsätzlich ändern. Statt inputintensiver Gentech-Pflanzen, deren ökologische Risiken unklar sind, brauchen wir den agrarökologischen Umbau für die Landwirtschaft”, erklärt Daniela Wannemacher, BUND-Expertin für Agro-Gentechnik.

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