Anlässlich des heutigen Treffens zwischen dem Generaldirektor der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO), Rafael Mariano Grossi, und Vertretern der russischen Regierung in Kaliningrad, fordert die Ärzt*innenorganisation IPPNW eine direkte Ansprache Grossis an die russische Regierung und den Abzug russischer Truppen aus der Nähe der ukrainischen AKW.
„Die Situation ist hochgradig gefährlich“, unterstreicht Dr. med. Angelika Claußen, Vorstandsvorsitzende der Interntionalen Ärzt*innen für die Verhütung des Atomkriegs (IPPNW). „Bisher hat Rafael Grossi nur technische Hilfen zugesagt. Doch das reicht bei weitem nicht aus. Es ist an der Zeit, dass die IAEO interveniert.“ Generaldirektor Grossi müsse direkt bei der russischen Regierung, einen sofortigen Abzug der russischen Truppen in einer Umgebung von 100 km um das jeweilige AKW erwirken, so die IPPNW.
Die Gefahr einer nuklearen Katastrophe hält mit dem Fortschreiten des Krieges an. Die IPPNW weist erneut darauf hin, dass die Sicherheit von Atomkraftwerken in einem Krieg nicht gewährleistet werden kann. Die Stromversorgung der Kraftwerke sowie permanente Betreuung durch geschultes Personal sind dafür zwingend erforderlich. Russische Truppen können das nicht gewährleiten.
Wie brenzlig die Situation ist, zeigen die Vorfälle der letzten Wochen: Am 28. März ist die nukleare Versuchsanlage in Charkiw nach Angaben der ukrainischen Aufsichtsbehörde SNRIU zum vierten Mal unter Beschuss geraten und dabei beschädigt worden. Nukleares Material sei laut IAEO nicht ausgetreten.
300-500 russische Soldaten sind seit dem 4. März im unmittelbaren Umkreis vom AKW Saporischschja stationiert. Das AKW war bei Kampfhandlungen im März von russischen Soldaten beschossen worden. Dabei kam es zu einem Brand in einem Schulungsgebäude. Infolge von Artilleriebeschuss wurden auch Schäden am Reaktorgebäude gemeldet, sowie zwei Einschläge im Bereich für Trockenlagerung von abgebrannten Brennelementen. Zurzeit ist nur noch eine von vier Hochspannungsleitungen intakt.
Seit Beginn des Krieges haben russische Soldaten zudem die Sperrzone um den verunglückten Tschernobylreaktor besetzt gehalten. Jetzt sollen viele von ihnen in Bussen in das Strahlenschutzzentrum nach Gomel transportiert worden sein, mit dem Verdacht einer radioaktiven Verstrahlung. Am 23.03. und am 28.03 meldeten ukrainische Behörden Waldbrände in der Sperrzone von Tschernobyl. Aktuell gibt es von dort jedoch keine radiokativen Kontrollmessungen.
„Zurzeit sind neun der 15 Reaktoren in der Ukraine am Netz: 2 von 6 in Saporischschja, 4 von 4 in Riwne, 1 von 2 in Chmelnyzky und 2 von 3 am AKW Südukraine“, so Dr. Claußen. „Die Vorfälle der letzten Wochen zeigen, dass die IAEO jetzt handeln muss, um eine nukleare Katastrophe zu verhindern!“
Deutsche Sektion der Internationalen Ärzt*innen für die Verhütung des Atomkrieges/Ärzt*innen in sozialer Verantwortung e.V. (IPPNW)
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