Berlin – In einer Woche soll das Kabinett über den Entwurf zum Insektenschutzgesetz (ISG) des Bundesumweltministeriums (BMU) abstimmen – doch das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) blockiert den Prozess bislang vehement. In einem öffentlich gewordenen Brief an das Bundeskanzleramt kündigte Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner bereits an, verhindern zu wollen, dass der Entwurf des BMU in seiner jetzigen Form zur Abstimmung in das Kabinett kommt. Der Gesetzesentwurf sieht u.a. vor, den Einsatz von Pestiziden in Gewässerrandstreifen über das Wasserhaushaltsgesetz des BMU zu regeln. Das BMEL sieht Pestizide hingegen in seinem Handlungsbereich. Dabei hat das BMEL bis heute keinen eigenen Entwurf zum ISG vorgelegt und damit auch keine Regelungsvorschläge zu einem angemessenen Pestizideinsatz.
Aus Sicht des NABU verhindert die Landwirtschaftsministerin so einen wichtigen Schritt zu einem gesetzlich verbesserten Schutz der Insekten. NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger: „Trotz großer Ankündigungen im Koalitionsvertrag und im Aktionsprogramms Insektenschutz (APIS) hat die Bundesregierung bislang keine Fortschritte beim Schutz der Insekten erreicht. Der aktuelle massive Insektenschwund zeigt wie belastet unsere Ökosysteme bereits sind. Es ist ernüchternd, dass das Bundeslandwirtschaftsministerium den Schutz von Insekten der Agrarlandschaft nicht voranbringt und nun auch noch den Gesetzesentwurf des BMU blockieren will. Auch wenn der BMU-Entwurf hinter dem zurückbleibt, was wir für erforderlich halten, sind erste Schutzmaßnahmen besser als gar keine. Doch das BMEL kann mit seiner Blockade erreichen, dass die Koalition am Ende überhaupt nichts getan hat.“
Der Beschluss zum BMU-Entwurf würde dringend notwendige Schutzmaßnahmen – wenn auch in abgeschwächter Form – gesetzlich verankern. Auch auf europäischer Ebene kommt Deutschland eine Schlüsselrolle beim Insektenschutz zu, da es mit seiner Gesetzgebung wichtige Signale an andere EU-Mitgliedsstaaten sendet.
„Wenn sich das BMEL nun jedoch unter Ministerin Klöckner derart öffentlich gegen den Insektenschutz stark macht, hat das große Konsequenzen auf die Stimmungslage zum Insektenschutz in ganz Europa“, so Krüger.
Hintergrund: Insektenschwund – Schaden für Ökologie und Wirtschaft
Nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen gehen die landlebenden Insektenpopulationen pro Jahr um knapp ein Prozent zurück – ein weltweiter Trend der sich insbesondere auch in Deutschland beobachten lässt. Damit wären hierzulande nach nur einem Jahrzehnt bereits zehn Prozent der Insektenpopulationen verschwunden. Andere Studien beziffern den jährlichen Rückgang sogar auf bis zu sechs Prozent. Neben den immensen ökologischen Schäden könnte der zunehmende Insektenschwund schon bald auch weitreichende wirtschaftliche Folgen haben. Eine aktuelle Studie beziffert den potenziellen Schaden für die deutsche Wirtschaft auf 3,8 Milliarden Euro pro Jahr, sollten Bestäuber komplett wegfallen. „Wenn wir unseren Umgang mit der Natur und deren Ressourcen nicht tiefgreifend verändern, wird sich der Negativtrend fortsetzen. In wenigen Jahrzehnten wären unsere Insektenpopulationen so weit dezimiert, dass sich unsere Ökosysteme davon vermutlich nicht mehr erholen würden“, so Laura Breitkreuz, NABU-Referentin für Biodiversität und Entomologie.
NABU (Naturschutzbund Deutschland e.V.)
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