Brokdorf: Das Ding am Deich – Widerstand gegen ein Atomkraftwerk

Anfang der 1970er Jahre versetzten die Pläne zum Bau eines Atomkraftwerks die Bewohner der kleinen Elbgemeinde in Aufruhr. Es folgten große Proteste, die den Ort spalteten und die Republik 13 Jahre lang in Atem hielten. 1986, kurz nach dem Super-GAU von Tschernobyl, ging das AKW ans Netz. Es wurde ruhiger in der Marsch. Der Film “Das Ding am Deich” untermauert den Widerstand gegen eins der letzte neun AKW in Deutschland.

Mahnwache vor dem AKW Brokdorf; Quelle: dingamdeich.de

Mit Neugier auf diese Menschen und ihren Alltag mit einem AKW vor der Haustür macht sich der Film auf in den abgelegenen Landstrich. Von januar 2010 an umkreist er ein Jahr lang das „Ding“ und taucht mit den Erinnerungen der widerständigen Anwohner und altem Filmmaterial ein in eine bewegende Vergangenheit. Doch dann wird die Geschichte von der Gegenwart auf eine Weise eingeholt, die niemand erwartet hätte: Zuerst beschließt die Bundesregierung längere für alle AKW, und nur wenig später bebt in Japan die Erde…
Für ältere Atomkraftgegner ist Brokdorf in etwa das, was Woodstock für Rock-Veteranen darstellt. Ihren Frieden mit dem „Ding am Deich“, wie sie es despektierlich nennen, haben bis heute die Wenigsten gemacht. Da sitzen Bauern und rüstige Rentner in ihren altdeutschen Wohnstuben, blättern in Fotoalben mit säuberlich eingeklebten Bildern aus Protesttagen und erzählen, wie sie einst von konservativ braven Bürgern zu engagierten Widerständlern wurden. Er habe damals, sagt einer, den Glauben an den Rechtsstaat verloren. Weshalb er heute noch regelmäßig die gelbe Fahne mit der roten Sonne hisst.
Derweil hat es sich der ehemalige Bürgermeister der Nachbargemeinde Wewelsfleth zur Lebensaufgabe gemacht, der Frage nachzugehen, ob die steigende Zahl der Krebserkrankungen in der Region, denen auch seine Frau zum Opfer fiel, etwas mit dem AKW zu tun haben könnte.
Die Geschichte des damaligen Protestes erzählt der Film anhand von Archivbildern umfassend – und interessiert sich dennoch auf wohltuende Art primär für die Gegenwart. Die Regisseurin begleitet die engagierten, liebenswerten Protagonisten in ihren Erinnerungen und aktuellen Protestaktionen. Damit zeichnet sie sensibel und hoch emotional ein Stück Lebensweg, der durch den beharrlichen Kampf um Demokratie und Mitbestimmung geprägt ist. Am Ende steht eine sehenswerte, souverän gemachte Dokumentation, die über ein Jahr währende Langzeitbeobachtung eines Dorfes und seiner Bewohner mit der Rekonstruktion eines bedeutenden Stückes bundesdeutscher Nachkriegsgeschichte.
Bundesweiter Kinostart ist am 20. August mit einer Premiere im Abaton Hamburg. Dann folgt eine Deutschland-Tour. Im Anschluss an den Film gibt es an mehreren Orten eine Diskussion mit der Filmemacherin, mit Protagonisten des Films und Aktivisten von der Gruppe Brokdorf-akut, von .ausgestrahlt und von regionalen Anti-AKW-Gruppen.

[DE] 14. August 2012 – contrAtom
www.contratom.de
  / www.dingamdeich.de