Erdbeeren Foto: Clem Onojeghuo auf Unsplash
Foto: Clem Onojeghuo auf Unsplash

Wien/Brüssel – Rund 15 % des in der EU angebauten Obst und Gemüses enthalten Pestizidrückstände aus der Gruppe der (Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen), auch bekannt als „Ewigkeits-Chemikalien“. Der Anteil dieser für und Umwelt hoch problematischen Stoffe an der Gesamt-Pestizidbelastung europäischer Konsument:innen hat sich in nur einem Jahrzehnt nahezu verdreifacht. Dies ergab die Auswertung von über 270.000 Pestizid-Datensätzen aus den EU-Pestizidmonitorings von 2011 bis 2021, die heute vom Europäischen Pestizid-Aktions-Netzwerk (PAN Europe) gemeinsam mit GLOBAL 2000 im Report Giftige Ernte“ präsentiert wird. 

„Unsere Ergebnisse geben Anlass zu ernster Sorge für die Umwelt und die menschliche Gesundheit. Doch während für Lebensmittelkontaktmaterialien, Textilien und andere Konsumgüter EU-weite PFAS-Gruppenverbote in Aussicht gestellt wurden, ist der Umstand, dass große Mengen von Ewigkeits-Chemikalien auch als in die Umwelt und in den menschlichen Körper gelangen, nur wenig bekannt“, erklärt Helmut Burtscher-Schaden, GLOBAL 2000 Umweltchemiker. Gemeinsam mit PAN Europe fordert die Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000 ein EU-weites Verbot aller PFAS-Pestizide.

Anstieg in der EU, Österreich im negativen Spitzenfeld

Rückstände von 31 verschiedenen PFAS-Pestiziden wurden zwischen 2011 und 2021 in Obst und Gemüse in der EU nachgewiesen. In diesem Zeitraum hat sich der Anteil von PFAS-belastetem Obst- und Gemüse von unter 6 % auf rund 15 % nahezu verdreifacht. Die stärkste Zunahme zeigen Erzeugnisse aus Österreich mit einem Anstieg um das 7-fache bei Obst und um das 33-fache bei Gemüse. Auch in absoluten Zahlen liegt Österreich mit 25 % zusammen mit Holland und Belgien, je 27 %, im negativen Spitzenfeld. In Österreich am häufigsten mit PFAS belastetet waren heimische Erdbeeren (70 %), gefolgt von Gurken (39 %) und Äpfeln (38 %).

PFAS-Belastung beim Menschen über tolerierbaren Richtwerten

„Unsere Studie zeigt, dass europäische Konsument:innen einem Cocktail von PFAS-Pestiziden in Obst und Gemüse ausgesetzt sind“, erklärt Salomé Roynel, Policy Officer bei PAN Europe und Studienkoordinatorin: „Wenn man sich die am häufigsten nachgewiesenen PFAS-Pestizide genauer ansieht, sind die Beweise für ihre Persistenz in der Umwelt und ihre Toxizität für den Menschen gut dokumentiert. Dazu zählen insbesondere Risiken für ungeborene Kinder, Hirnschäden, hormonelle Störungen und Krebs.“ Dass die PFAS-Belastung für den Menschen zu hoch ist, zeigt auch der PFAS-Report 2022 des österreichischen Umweltbundesamts. In österreichischen Mutter-Kind-Untersuchungen wurden PFAS in allen Testpersonen im Blutserum, Plazenta oder Muttermilch nachgewiesen. Besonders besorgniserregend ist, dass in den Jahren 2010 bis 2012 nahezu ein Drittel der Mütter PFAS-Konzentrationen über den derzeitigen gesundheitsbezogenen Richtwerten im Blut aufwiesen. PFAS-Belastungen, bei denen eine gesundheitliche Beeinträchtigung von Nachkommen nicht ausgeschlossen werden kann, wurden zudem in einem Viertel der europäischen Jugendlichen in einer aktuellen Studie nachgewiesen.

37 Ewigkeits-Pestizide derzeit EU-weit zugelassen

Im Rahmen des European Green Deal hat sich die Europäische Union verpflichtet, PFAS-Chemikalien im Einklang mit ihrem Ziel einer schadstofffreien Umwelt schrittweise zu verbieten. Im Februar 2023 veröffentlichte die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) einen Vorschlag für ein Verbot der Herstellung, der Verwendung und der Einfuhr von mindestens 10.000 Per- und Polyfluoralkylsubstanzen (PFAS). Nicht erfasst von diesem Vorschlag sind allerdings jene 37 derzeit in der EU zugelassenen Pestizidwirkstoffe (das sind 16 % aller zugelassenen synthetischen Pestizide), die von der ECHA als PFAS eingestuft wurden, da deren Zulassung bereits in der EU-Pestizidverordnung “geregelt” wird. “Dass Ewigkeits-Chemikalien über den Pestizideinsatz vorsätzlich in die Umwelt und in die Lebensmittel eingebracht werden, ist inakzeptabel. PFAS-Pestizide müssen verboten werden. Die Bauern und Bäuerinnen in der EU sind sich selten bewusst, dass sie PFAS versprühen, da dies nicht auf ihren Produkten angegeben ist”, so Burtscher-Schaden abschließend.

GLOBAL 2000/Friends of the Earth Austria
www.global2000.at