Fukushima: Wohin mit der radioaktiven Erde?

GLOBAL 2000 warnt vor radioaktiven Plutonium und Strontium – Regierung will obere fünf Zentimeter der Erde in 8000 km2 abtragen lassen, keine Lager vorhanden

(Wien, 18. Oktober 2011) – Der staatliche japanische Fernsehsender NHK berichtet, dass heute mit der bereits seit Wochen überlegten Dekontaminierung der Stadt und des durch die Reaktorkatastrophen verseuchten Gebiets begonnen wird. Hilfsarbeiter tragen radioaktiv belastete Sedimente von Dächern und aus Straßengräben ab, während die Bevölkerung selbst aufgefordert ist, die radioaktiv belastete Erde in ihren Gärten fünf Zentimeter tief abzutragen.

“Diese Verzweiflungstat der Regierung gefährdet die Bevölkerung, die hier trotz Schutzmasken der Inhalation von radioaktiven Partikeln ausgesetzt wird. In den betroffenen Gebieten sind weitaus größere Mengen an radioaktivem Plutonium-Fallout niedergegangen, als lange zugegeben wurde – und die Verseuchung reicht viel weiter, als noch im Sommer zugegeben wurde”, warnt Reinhard Uhrig, Atomexperte von GLOBAL 2000. “Plutonium mit einer Halbwertszeit von 24 000 Jahren wurde noch über 80 km entfernt von den zerstörten Reaktoren gefunden, Strontium-Fallout wurde auf Initiative eines besorgten Bürgers noch in Yokohama auf dem Dach seines Miethauses nachgewiesen – 250 km entfernt und damit noch weiter südlich als Tokio.” Am 1. Oktober hatte das Wissenschaftsministerium weitgehend unbemerkt eine Karte online gestellt, in der radioaktives Plutonium und Strontium weit über die Sperrzone hinaus nachgewiesen wurden.

Dekontaminierung ohne Plan
Die Regierung plant, durch die Erd-Abtragung ein Gebiet von 8000 km2 zu dekontaminieren und damit wieder bewohnbar zu machen – ein Gebiet größer als Wien, das Burgenland und Vorarlberg zusammen.

“Eine Verzweiflungstat – es gibt noch keinen Plan für die Lagerung der 29 Millionen m3 radioaktiv verseuchter Erde, die unter anderem das hochgradig krebserregende Plutonium enthält. Das ist eine unglaubliche Menge, vergleichbar mit 23 vollgefüllten Fussballstadien”, erklärt Uhrig. “Die reale Gefahr besteht, dass aus Ausweglosigkeit die Erdmassen einfach ins Meer verklappt werden. Auch hier versagen wieder die nationalen und internationalen Nuklearaufsichten, die sich einmal mehr als internationale Beschwichtigungsagentur hervortun.”

Erst letzte Woche hatte eine Expertenkommission der Internationalen Atomenergiebehörde empfohlen, aus Kostengründen auf eine weiträumige Dekontaminierung zu verzichten, die die japanischen SteuerzahlerInnen geschätzte Euro 11,3 Mrd. kosten wird. “Dies hieße, aus Kostengründen die Bevölkerung schlicht einer höheren Strahlendosis auszusetzen. Dieser Ansatz der Atom-Werbeagentur IAEA ist zynisch: Eine weiträumige Dekontaminierung ist natürlich sinnvoll, um diesen ehemals fruchtbaren Teil Japans bewohnbar zu machen – aber zuerst ist ein Plan vorzulegen, wie mit den erzeugten radioaktiven Abfällen umgegangen werden soll – und wie stark die Belastung des Grundwassers wirklich ist”, betont Uhrig abschließend.

[AT] 18. Oktober 2011 – GLOBAL 2000
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