Bereits heute verändert der menschliche Einfluss Wälder auf der ganzen Welt. Für die Zukunft kann auch ein Rückgang von Wäldern durch den von Menschen verursachten Klimawandel nicht ausgeschlossen werden – das zeigt eine kommende Woche erscheinende Sonderausgabe des Journal of Ecology, koordiniert von einem Team des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK). Um die Widerstandsfähigkeit der Wälder besser zu verstehen und zu erhöhen, ist eine Kombination von Ansätzen von örtlichen Feldversuchen bis hin zu globalen Computersimulationen nötig, erklären die Wissenschaftler. Mit Blick auf die Risiken warnen sie, dass die globale Erwärmung zusätzlichen Druck auf einige der wertvollsten Ökosysteme der Erde ausübt.
„Wälder sind wahrscheinlich stärker gefährdet als bisher angenommen“, sagt Christopher Reyer vom PIK, Koordinator der Sonderausgabe und Leitautor des Übersichtsartikels. „Die beobachteten Veränderungen beeinflussen Wälder auf allen Kontinenten, darunter auch so wichtige wie der Amazonas-Regenwald, und lassen möglicherweise einige von diesen Wäldern auf Kipppunkte zusteuern.“
Bislang konnte noch kein Beispiel dafür gefunden werden, dass Wälder durch den vom Menschen verursachten Klimawandel bereits gekippt sind – also in einen Zustand übergegangen sind, in dem kein Nachwachsen mehr möglich ist. Gleichzeitig macht der Übersichtsartikel jedoch erhebliche Forschungslücken aus. „Das sind keine gute Nachrichten“, erklärt Reyer. „Es ist eher erschreckend, wie wenig wir noch immer über die Widerstandsfähigkeit der Wälder wissen – trotz aller wissenschaftlichen Fortschritte, die wir in dieser Sonderausgabe vorstellen. Betrachtet man die Risiken, so zeigt sich: der Klimawandel übt zusätzlichen Druck aus auf außergewöhnlich wertvolle Ökosysteme, deren Belastbarkeit bis heute nicht genau eingeschätzt werden kann.“
Wälder sichern die Artenvielfalt, liefern Holz, speichern CO2
Wälder beherbergen einen großen Teil der Pflanzen- und Tierwelt und tragen damit maßgeblich zur Erhaltung der Artenvielfalt bei, zugleich sind sie aber auch von großer wirtschaftlicher Bedeutung. In vielen Ländern bieten Wälder den Menschen nicht nur Holz, sondern auch Obst und Wild. „Manche Wälder, wie der Amazonas-Regenwald, sind zudem von zentraler Bedeutung für die regionalen Wasserkreisläufe“, erklärt Milena Holmgren von der niederländischen Universität Wageningen. „Wie dicht diese Wälder sind, das entscheidet darüber, wieviel Wasser sie speichern. Wenn der Baumbestand löchrig wird, tragen die Wälder weniger zum Entstehen von Regen bei. Zugleich wächst in ihnen dann mehr Gras, das in der Trockenzeit leicht brennt. Von solchen Bränden erholen sich Bäume weniger schnell als das Gras, so dass am Ende eine Savanne mit nur noch wenigen Bäumen entstehen kann. Das verändert den Lebensraum für Pflanzen, Tiere und Menschen.“
„Das Schicksal der Wälder ist auch deshalb wichtig, weil sie große Mengen des Treibhausgases CO2 speichern“, so Holmgren weiter. „Würde dieses CO2 freigesetzt, könnte es die globale Erwärmung beschleunigen.“ Dies hätte Auswirkungen wie Wetterextreme und zusätzlichen Meeresspiegelanstieg – in Regionen weit entfernt von den Wäldern.
Feldversuche zur Wieder-Aufforstung
Um die Widerstandsfähigkeit der Wälder einschätzen zu können, müssen lange Zeiträume betrachtet werden. Über mehr als 2000 Jahren hinweg zeigten sich tropische Sumpfwälder in Malaysia auf der Insel Borneo recht belastbar gegenüber Beeinträchtigungen wie Bränden oder Klimaschwankungen in Zusammenhang mit dem Wetterphänomen El Niño. Rodungen und landwirtschaftliche Expansion haben in jüngerer Zeit jedoch die Landschaft deutlich verändert: Die tropischen Sumpfwälder wurden durch offenen Wald ersetzt oder verschwanden vollständig. Allerdings sind die Zusammenhänge nicht immer eindeutig. Etwa Dürre, so wurde festgestellt, kann unterschiedliche Auswirkungen auf verschiedene Baumarten in verschiedenen Regionen und Jahreszeiten haben, das zeigt eine der neuen Studien. Letztlich geht es wahrscheinlich um eine komplexe Kombination von Stressfaktoren, die sich auf die Belastbarkeit der Wälder auswirkt.
In Finnland und Australien führten Wissenschaftler Feldversuche zum Nachwachsen von Wäldern durch. Ein Team untersuchte die Mechanismen des Überganges von Torfmooren zu Wäldern, um zu verstehen, wie sich der Klimawandel auf diese kohlenstoffreichen Ökosysteme auswirkt. Ein weiteres Team untersuchte den Zeitpunkt der Aussaat und die Verwendung von Setzlingen bei Wiederaufforstungen in Australien. „Angepasste Vorgehensweisen zur Wiederherstellung von Wäldern könnten dazu beitragen, die negativen Auswirkungen des Klimawandels auf die Wiederaufforstung zu verringern“, sagt Ko-Autorin Rachel Standish von der University of Western Australia. „Wir haben einige ermutigende Ergebnisse vorzuweisen. Dies ist umso wichtiger angesichts der Tatsache, dass die Menge an geschädigten Waldökosystemen deutlich wächst.“
[DE] 19. Dezember 2014 – Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung
www.pik-potsdam.de