Foto: Pok Rie/ pexels.com
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In einer systematischen Auswertung von über 60 empirischen Studien kommt eine neue Metastudie zu dem Ergebnis, dass die tatsächlichen Emissionsminderungen aus den ausgewerteten Klimaschutzprojekten im Durchschnitt etwa sechs Mal niedriger sind als angegeben. Die heute im Fachjournal Nature Communications erschienene Studie „Systematic assessment of the achieved emission reductions of carbon crediting projects“, an der auch Dr. Lambert Schneider vom Öko-Institut mitgewirkt hat, zeigt damit große Mängel bei der Qualität von Kompensationszertifikaten auf.

Begrenzte Klimaschutzwirkung von Kompensationszertifikaten

Die untersuchten Klimaschutzprojekte machen etwa ein Fünftel aller bisher ausgegeben Kompensationszertifikate auf – das entspricht fast einer Milliarde Tonnen CO2-Emissionen. Alle Projekttypen wie zum Beispiel die Vermeidung von Entwaldung oder die Verwendung von effizienten Kochherden weisen systematische Qualitätsprobleme auf. Bei einigen Projekten, wie einer verbesserten Waldbewirtschaftung, konnte gar keine Klimaschutzwirkung nachgewiesen werden. Bei Kochherdprojekten, bei denen herkömmliche Herde durch sauberere ersetzt werden, entsprachen die tatsächlichen Emissionsminderungen bislang lediglich etwa 11 Prozent der ausgegebenen Emissionsgutschriften. Bei der Zerstörung des starken Treibhausgases SF6 entsprachen die tatsächlichen Emissionsminderungen nur 16 Prozent der ausgegeben Emissionsgutschriften.

Reform des Marktes dringend nötig

„Die Studie zeigt, dass es systematische Probleme bei der Quantifizierung der Emissionsminderungen gibt. Zudem sind manche Projekte nicht auf die Einnahmen aus den Zertifikaten angewiesen, sondern werden ohnehin umgesetzt. Die methodischen Ansätze und Regeln im Markt für Kompensationszertifikate müssen dringend verbessert werden.“
Dr. Lambert Schneider
Forschungskoordinator für internationale

Die Gründe für die Überschätzung der Emissionsminderungen sind vielfältig. „Die Regeln der Kohlenstoffmarktprogramme räumen den Projektentwicklern oft zu viel Flexibilität ein. Dies kann dazu führen, dass unrealistische Annahmen getroffen oder ungenaue Daten verwendet werden, die zu einer Überschätzung der Reduktionen führen“, so Lambert Schneider.

Bei Projekten zur Zerstörung der Treibhausgase Trifluormethan (HFKW-23) und Schwefelhexafluorid (SF6) in der Industrie zeigen die Daten, dass ab dem Zeitpunkt, ab dem die Anlagen Zertifikate für Emissionsminderungen erhalten konnten, mehr Treibhausgase produziert wurden.

Um die Qualität der Zertifikate zu verbessern, sind vor allem die Kohlenstoffmarktprogramme in der Pflicht. Sie sollten ihre Ansätze zur Prüfung von Projekten und der Berechnung von Emissionsminderungen verbessern. Zentral ist dabei, dass konservativere Annahmen getroffen werden und die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse als Grundlage dienen.

Analysen der Carbon Credit Quality Initiative bestätigen Ergebnisse

Verschiedene Initiativen bemühen sich darum, die Integrität von Zertifikaten aus Klimaschutzprojekten zu verbessern. Das Öko-Institut hat zusammen mit dem Environmental Defense Fund (EDF) und dem World Wildlife Fund (WWF USA) die Carbon Credit Quality Initiative (CCQI) gegründet. Die CCQI bewertet die Qualitätsrisiken verschiedener Arten von Klimazertifikaten unabhängig. „Die Analysen der CCQI bestätigen, dass die in der Studie untersuchten Projekttypen hohe Integritätsrisiken haben“, fügt Lambert Schneider hinzu.

Weitere Details im Hintergrundpapier des Öko-Instituts

In einem neu erschienenen FAQ „CO2-Zertifikate und Klimaschutz“ gibt das Öko-Institut Auskunft über die Herausforderungen und Qualitätsunterschiede beim Einsatz von Kompensationszertifikaten, zeigt Grenzen der Klimakompensation sowie neue Wege der Klimafinanzierung auf.

Metastudie in Nature Communications „Systematic assessment of the achieved emission reductions of carbon crediting projects“

Öko-Institut e.V.
www.oeko.de