Niedrigster Fang seit 15 Jahren – Regierung scheitert mit Versuch, Walfang anzukurbeln
München, 16. Oktober 2012. Nur 460 Zwergwale fielen in der diesjährigen Fangsaison Norwegens Walfängern zum Opfer. Das ist der niedrigste Fang seit 15 Jahren – und das, obwohl die Jagdsaison um vier Wochen verlängert wurde. Artenschützer von Pro Wildlife beobachten, dass Norwegens Walfänger in den letzten 20 Jahren immer weniger Tiere fingen und die von der Regierung erlaubte Fangquote immer weiter unterschritten wurde. „2012 wurden von 1 286 zum Fang freigegebenen Zwergwalen nur gut ein Drittel tatsächlich harpuniert. Während sich 2002 noch 33 Fischerboote am Walfang beteiligt haben, waren es zehn Jahre später nur noch 19 – ein Rückgang um 42 Prozent“, berichtet Dr. Sandra Altherr von Pro Wildlife. „Die Fischer verlieren das Interesse an der kostspieligen Jagd, weil Walfleisch und -Speck wie Blei in den Lagern liegen.“
Norwegische Regierung versucht, den Walfang auszuweiten
Als Ende August die reguläre Walfangsaison 2012 zu Ende ging, waren erst 458 Zwergwale getötet worden. Daraufhin verlängerte die Regierung in Oslo die Walfangsaison; eine Maßnahme, mit der die Regierung in der jüngsten Vergangenheit vergebens versuchte, den Walfang zu erhöhen – jedoch nicht die einzige: Anfang dieses Jahres gab die Regierung die Quote von insgesamt 1 286 Zwergwalen in allen fünf Fanggebieten vor Norwegen frei. Bisher war die Quote auf einzelne Regionen exakt aufgeteilt worden, um lokale Bestände nicht zu sehr zu beeinträchtigen. Zuvor hatte die Regierung die Pflicht aufgehoben, dass ein nationaler Inspektor an Bord sein muss, der die Tötung der Wale überwachen sollte. Auch das satellitengestützte Schiffsüberwachungssystem VMS ist für Norwegens Walfangboote nicht mehr obligatorisch: „Nach und nach hat die norwegische Regierung in den letzten Jahren nahezu alle Kontrollen und Auflagen abgeschafft und damit den Walfängern die Arbeit erleichtert – erfreulicherweise vergebens“, so die Biologin Altherr. „Den Norwegern ist der Appetit auf Walfleisch vergangen – es verkauft sich nicht mehr.“
Walfleisch ist out
Einer Umfrage von 2010 zufolge haben zwar 80 Prozent der Norweger schon einmal Walfleisch probiert, aber nur fünf Prozent essen es regelmäßig – gerade bei Jüngeren ist das Interesse noch geringer. „Mittlerweile ist bekannt, dass Schwangere und gebärfähige Frauen das hoch belastete Zwergwalfleisch gar nicht essen sollen“, sagt Altherr. Die norwegische Supermarktkette REMA nahm 2010 Walfleisch aus dem Sortiment – kaum jemand wollte es mehr kaufen. Blubber, der Speck der Wale, gilt als nahezu unverkäuflich, hunderte Tonnen mussten bereits vernichtet werden. Um die überquellenden Lagerhallen zu entlasten, wurden mehrmals Walfleisch und Speck nach Japan und die dänischen Färöer-Inseln exportiert. Jetzt sollen Werbeaktionen in norwegischen Restaurants den Walfleisch-Absatz fördern. „Die Händler setzen auf gedankenlose Touristen, die auf der Suche nach „lokalen Spezialitäten“ Walfleisch essen. Die Urlauber ahnen nicht, dass sie damit direkt den Walfang subventionieren“, kritisiert Altherr.
Walfang ist teuer und unrentabel
Ein Fischerboot für die Waljagd auszustatten, kostet Schätzungen norwegischer Walfänger zufolge bis zu 32.000 Euro: Sie müssen in teure Explosivharpunen und Granaten investieren, dazu kommen Personalkosten und die hohen Preise für Schiffsdiesel. Angesichts der fehlenden Absatzmöglichkeiten für das Walfleisch lohnt sich die Jagd nicht. Ein englisches Wirtschaftsberatungsunternehmens schätzt, dass einige Walfänger nur ein Fünftel dessen einnehmen, was sie mit klassischer Fischerei verdienen würden.
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