Der turmfalkengrosse Gleitaar ist mit seiner reinweissen Unterseite, der blaugrauen Oberseite und den bernsteinfarbenen Augen eine prächtige Erscheinung. Der ehemals sehr seltene Gast wird mittlerweile alljährlich in der Schweiz beobachtet. Foto © Ralph Martin
Der turmfalkengrosse Gleitaar ist mit seiner reinweissen Unterseite, der blaugrauen Oberseite und den bernsteinfarbenen Augen eine prächtige Erscheinung. Der ehemals sehr seltene Gast wird mittlerweile alljährlich in der beobachtet.
Foto © Ralph Martin

Die Zugzeit ist längst vorbei, und auch das morgendliche Vogelkonzert nimmt nun merklich ab. Dennoch sind im Juni spannende Vogelbeobachtungen möglich. In den vergangenen Jahren etwa wurde zu Sommerbeginn der seltene Gleitaar vermehrt in der Schweiz beobachtet. Das schreibt die Vogelwarte in ihrem jährlichen Bericht über den Zustand der Vogelwelt in der Schweiz.

Sempach. – Auf den ersten Blick könnte man ihn für eine Möwe halten, würde er nicht rüttelnd nach Mäusen jagen oder von einer Buschspitze die Umgebung überwachen: der Gleitaar. Mit seiner reinweissen Unterseite, der blaugrauen Oberseite und den bernsteinroten Augen ist er eine prächtige Erscheinung. Daraus könnte sich auch sein Name ableiten lassen, «Aar» ist nämlich eine alte poetische Umschreibung für «Adler». Das ist aber etwas übertrieben: Der Gleitaar ist nur ein wenig grösser als ein Turmfalke und nicht sehr nahe mit Adlern verwandt.

Das Verbreitungsgebiet des Gleitaars erstreckt sich über ganz Afrika und Asien, in Europa brütet er nur auf der Iberischen Halbinsel und in Westfrankreich. Erst 1990 wurde er zum ersten Mal in unserem Land gesichtet! Bis 2010 blieb er eine Ausnahmeerscheinung und wurde nur sieben Mal nachgewiesen, seither sind die Beobachtungszahlen regelrecht explodiert: Seit 2014 wird er alljährlich bei uns festgestellt. In den letzten beiden Jahren gab es zusammen mindestens18 Nachweise des Gleitaars in der Schweiz.

Der Gleitaar nahm auf der Iberischen Halbinsel stark zu, weil er dort savannenartige Lebensräume mit starken Mäusepopulationen findet. Von hier aus breitet er sich langsam nach Nordwesten aus. In der Schweiz brütet er zwar noch nicht. Doch mit der aktuellen Ausbreitung ist es nicht ausgeschlossen, dass er sich auch bei uns dauerhaft ansiedeln wird. Ob als zukünftiger Brutvogel oder regelmässiger Gast: Die Herzen der Ornithologinnen und Ornithologen lässt der Gleitaar als Sommergast aus dem Süden allemal höherschlagen.

Schweizerische Vogelwarte Sempach
www.vogelwarte.ch