BfN-Präsidentin: „Klima- und Naturschutz nicht gegeneinander ausspielen“
Bonn, 05. April 2017: Pariser Klimavertrag, Erneuerbares Energien Gesetz 2017, Netzausbau – politische Entscheidungen im Energiesektor stellen auch den Naturschutz vor immer neue Herausforderungen. Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) gibt mit dem zweiten Vernetzungskolloquium des Themenschwerpunktes „Naturschutz und erneuerbare Energien“ Impulse im Spannungsfeld zwischen Landschaftswandel, Klimaschutz und räumlicher Planung. In Bonn diskutieren heute und morgen 60 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus dem gesamten Bundesgebiet an Hand von 31 Forschungsvorhaben die aktuellen Ansätze und Handlungsbedarfe aus Naturschutzsicht.
„Was war, was ist, was kommt?“ – der Titel des Vernetzungskolloquiums, umreißt das zeitliche Spektrum und deutet die verschiedenen Betrachtungsperspektiven an: Wie hat sich der Ausbau der erneuerbaren Energien in den zwei vergangenen Jahrzehnten auf die Fläche ausgewirkt? Welche aktuellen Fragen ergeben sich aus dem brisanten Kontext Naturschutz und Energiewende und welche Anforderungen an den Naturschutz der Zukunft ergeben sich aus dem Ausbau von erneuerbaren Energien bis 2050?
„Wir dürfen Klima- und den Naturschutz nicht gegeneinander ausspielen. Im Natur- und Artenschutz verfügen wir heute über ein breit entwickeltes Instrumentarium von Vorgaben, Methoden und Maßnahmen. Dieses können wir im Kontext der Energiewende nutzen, um die wichtigen und richtigen Impulse zu setzen und den Ausbau der erneuerbaren Energien naturverträglich zu gestalten. So lassen sich Synergien für Mensch, Natur und die Versorgung mit regenerativen Energien erzielen“, betonte BfN-Präsidentin Prof. Beate Jessel bei der Eröffnung des Kolloquiums. „Denn nur bei Betrachtung aller Schutzbedürfnisse und wenn wir einen ausbalancierten Interessenausgleich vornehmen, wird ein Wandel zur Energielandschaft auch als ein Aspekt von Heimat Akzeptanz finden.“
Der BfN-Themenschwerpunkt „Naturschutz und erneuerbare Energien“ bringt dafür auch Vorhaben zu spezifischen artenschutzfachlichen Fragestellung mit der Entwicklung übergeordneter Szenarien zusammen. In der Zusammenschau werden damit die Einschätzungen kumulativer Wirkungen von Ausbauzielen und -szenarien auf die Belange des Natur- und Artenschutzes, aber auch auf soziokulturelle Dimensionen wie der „Schönheit der Landschaft“ und „Heimat“ möglich. Im Zentrum stehen unter anderem der Schutz von empfindlichen Landschaften und aus Naturschutzsicht wichtigen Räumen, der frühzeitige Einsatz von Planungsinstrumenten zur Vermeidung von Konflikten, aber auch die Weiterentwicklung umweltverträglicher Techniken im Anlagenbau und die Schaffung ökologischer Vorrangflächen.
Hintergrund: Leitthemen im Forschungsfeld
Das Bundesamt für Naturschutz fördert im Schwerpunkt „Naturschutz und erneuerbare Energien“ unter anderem Forschungsprojekte zu den folgenden Leitthemen:
Energielandschaft:
Verschiedene Vorhaben beschäftigen sich mit dem Thema „Landschaftsbild und Energiewende“. Einerseits wird erarbeitet, welche sichtbaren Entwicklungen in unseren Landschaften zu erwarten sind, und worauf bei der Gestaltung von Energielandschaft besonders zu achten ist. Dabei werden besonders die planerischen Herangehensweisen sowie Mitwirkungsmöglichkeiten der Öffentlichkeit in den Fokus genommen. Auch Fragen der Bewertung des Landschaftsbildes bilden einen Schwerpunkt.
Natur- und Lebensräume:
Um die Auswirkungen des Ausbaus erneuerbarer Energien auf Lebensräume und bestimmte Arten zu reduzieren, ist es zunächst wesentlich, diese genau benennen und bewerten zu können. Dazu erforscht etwa das Projekt „Naturschutzfachliche Begleitung der Energiewende im Strombereich“ mit Hilfe von Entwicklungsanalysen, Fallstudien und biologischen Indikatoren, wie sich die unterschiedlichen Nutzungsformen der Energiewende großräumig auf die biologische Vielfalt auswirken.
Artenschutz:
Von Erneuerbaren-Energien-Anlagen können Gefahren für besonders geschützte Arten ausgehen. So untersucht eine Reihe von Vorhaben, ob und wie Vögel, Fledermäuse oder Fische durch die verschiedenen Anlagen beeinträchtigt werden und wie dies vor dem Hintergrund des rechtlichen Schutzes der einzelnen Spezies zu bewerten ist. Zudem geht es darum, wie die Beeinträchtigungen in der Praxis erfolgreich vermieden oder gemindert werden können. Beispielhaft kann hier das Vorhaben „Vorher-Nachher-Untersuchungen an Windenergieanlagen (WEA) im Wald zur Ermittlung der Auswirkungen auf Fledermausvorkommen“ genannt werden.
Methoden und Steuerungsansätze:
Die Planung von Energieanlagen oder Stromtrassen erfolgt auf verschiedenen Ebenen und ist von vielen Faktoren abhängig. Auf welchen Wegen die verschiedenen Anforderungen von Naturschutz und Energiewirtschaft bereits bei der Planung berücksichtigt werden können, ist daher ein Forschungsfeld weiterer Vorhaben. Das Projekt „Energiekonzepte und Naturschutz“ untersucht beispielsweise, wie in den Kommunen und Regionen bereits auf der konzeptionellen Ebene Naturschutzaspekte in die Planungen zum Klimaschutz einbezogen werden können.
Erfassung und Monitoring:
Um angemessen reagieren zu können, wenn Tiere und Lebensräume durch die Nutzung von erneuerbarer Energie beeinträchtigt werden, und die Wirkungsprognosen geplanter Entwicklungen zu verbessern, müssen die Auswirkungen vorhandener Anlagen und Nutzungen systematisch beobachtet und eingeschätzt werden können. Dazu forscht etwa das Projekt „Vogelzug über dem offenen Meer““ (BIRDMOVE) mit dem Ziel potenzielle Auswirkungen von Offshore-Windenergieanlagen auf Zug- und Rastvögel artspezifisch zu erfassen. Weitere Informationen: www.natur-und-erneuerbare.de
[DE] 05. April 2017 – Bundesamt für Naturschutz
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