Stickstoffüberschuss – ein Umweltproblem mit neuem Ausmaß

Umweltbundesamt für ambitionierte Minderungsstrategie

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Quelle: Umweltbundesamt nach Galloway et al. 2003

In der EU sind fast zwei Drittel aller natürlichen Lebensräume überdüngt. Verantwortlich für den Überschuss an Nährstoffen ist vor allem der aus der Landwirtschaft, der als Gülle oder Mineraldünger auf die Felder kommt. Die EU-Kommission hat wiederholt angemahnt, die Stickstoffeinträge zu minimieren. Maria Krautzberger, Präsidentin des Umweltbundesamtes (UBA): „Es ist wichtig, dass die EU weiter Impulse für eine Reduzierung der Stickstoffüberschüsse setzt. Gleichzeitig müssen wir auf nationaler Ebene handeln. Dabei ist die Düngeverordnung ein wichtiger Ansatz, um Luft, Boden und Grundwasser besser vor zu viel Stickstoff zu schützen.“

Stickstoff (chemisch: N) ist ein unerlässlicher Nährstoff für alle Lebewesen. Viele reaktive Stickstoffverbindungen schädigen jedoch die Umwelt, wenn sie in zu hohen Konzentrationen auftreten. Sie gefährden die biologische Vielfalt in unseren Wäldern und Heidelandschaften, weil Pflanzenarten, die an nährstoffarme Bedingungen angepasst sind, verdrängt werden. Zu viel Gülle lässt vielerorts die Nitratkonzentrationen (NO3-) im Grundwasser über die Grenzwerte schnellen; auch die Meeresumwelt ist aufgrund zu hoher Stickstoffgaben aus der Landwirtschaft stark überdüngt. Stickstoffdioxid (NO2) aus Verkehrsabgasen gefährdet die menschliche Gesundheit. Lachgasemissionen (N2O) aus überdüngten Feldern verschärfen den Klimawandel. Über die Luft gelangen heute in Europa viermal so viele reaktive Stickstoffverbindungen in die Umwelt wie noch vor 100 Jahren. In Deutschland sind das jährlich etwa 4,2 Millionen Tonnen oder 50 Kilogramm pro Person. Laut EU-Angaben sind 61 Prozent der natürlichen Lebensräume in Europa durch zu viel Stickstoff belastet.

Wie eine Analyse des UBA zeigt, lässt sich die Stickstoffbelastung deutlich senken. Da rund zwei Drittel der Stickstoffemissionen in Deutschland aus der Landwirtschaft stammen, sollte vor allem dort angesetzt werden. Maria Krautzberger: „Zentral für niedrigere Stickstoffemissionen ist die Novellierung der Düngeverordnung. Hier muss vor allem geregelt werden, dass Mineraldünger effizienter eingesetzt und Gülle schneller in den Boden eingearbeitet wird. Ob die Maßnahmen ausreichen, in ganz Deutschland den guten Umweltzustand zu erreichen, hängt auch von der Kontrolle der Anforderungen ab.“ Erfolg versprächen auch so genannte Schlepp- oder Schlitzschläuche; damit wird die Gülle emissionsärmer ausgebracht, so dass Ammoniakemissionen in die Luft deutlich reduziert werden. Zusätzlich wichtig: größere Abstände zwischen Gewässern und landwirtschaftlich genutzten Flächen, um den Direkteintrag von Düngern in die Oberflächengewässer zu verringern.

Das Umweltbundesamt empfiehlt, beim Düngen – egal ob mit Gülle oder Mineraldünger – entsprechend den angebauten Kulturen bedarfsgerecht vorzugehen, den schnell einzuarbeiten und ausreichenden Abstand zu Flüssen und Seen zu halten. Dadurch verringert sich der Anteil schädlicher Stickstoffverbindungen in der Umwelt, wie Nitrat im Grundwasser und Ammoniak in der Luft. Vor allem bei Hanglagen ist sicherzustellen, dass nicht zu viel Stickstoff abgeschwemmt wird. Die Lagerkapazitäten für Gülle sollten erhöht werden, um die Ausbringung besser an den Bedarf der Pflanzen anpassen zu können.

Auch die Tierhaltung selbst muss emissionsärmer werden, das heißt, es muss deutlich weniger Ammoniak aus den Ställen entweichen: „Die Abluftreinigung aller großen Schweine- und Geflügelmastanlagen muss Standard werden. Technisch ist das ohne Weiteres möglich“, sagt Krautzberger.

Ein großer Teil der Stickstoffeinträge erfolgt über die Luft. Besonders wichtig ist es daher, die Emissionsmengen für Ammoniak und Stickstoffoxide bis 2030 weiter zu reduzieren. Genau dies sieht das Programm „Saubere Luft für Europa“ vor, welches die EU-Kommission 2013 vorgestellt hat und die neue EU-Kommission nun modifizieren will. „Es wäre ein falsches Signal, das Programm „Saubere Luft für Europa“ aufzuweichen. Die gemeinsamen Anstrengungen, den Eintrag von reaktivem Stickstoff in die Umwelt zu mindern, dürfen nicht zum Erliegen kommen“, fordert Krautzberger.

[DE] 08. Januar 2015 – Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB)
www.umweltbundesamt.de