Waldbrände in der Sächsischen Schweiz. Foto: André Künzelmann / UFZ
Waldbrände in der Sächsischen Schweiz. Foto: André Künzelmann / UFZ

Im Jahr 2023 wurden mit einem Plus der globalen Durchschnittstemperatur von 1,48 °C gegenüber dem vorindustriellen Niveau neue Rekordtemperaturen gemessen. Diese haben die Intensität von Hitzewellen, Dürreperioden und extremen Regenfällen in Verbindung mit Stürmen wie Otis und Daniel deutlich verstärkt. Das konstatieren Wissenschaftler:innen führender europäischer Forschungsinstitute, die sich im Verbund XAIDA mit Extremwetter befassen.

2023 war ein außergewöhnliches Klimajahr: Von Juni an war jeder Monat wärmer als der entsprechende Monat des Vorjahres. In diesem letzten halben Jahr lagen die Temperaturen um mehr als 1,5 °C über den vorindustriellen Werten (1850-1900), an einigen Tagen sogar um mehr als 2,0 °C. Zwar trug die Entwicklung von El Niño zu einer zusätzlichen Erwärmung bei, doch die Hauptursache für die Rekordtemperaturen waren die Emissionen fossiler Brennstoffe. Wie die Copernicus Climate Change Services (C3S) der EU berichten, lagen die globalen Jahrestemperaturen um +1,48 °C über dem vorindustriellen Niveau und übertrafen damit das vorherige Rekordjahr (2016) um 0,17 °C. Das ganze Jahr über wurden weltweit Länder von extremen Wetterereignissen wie Hitzewellen, Dürren, Überschwemmungen und Waldbränden heimgesucht. In der Folge dieser Ereignisse stellten viele Menschen die Frage, wie diese Extreme mit der Rekordwärme zusammenhängen?

Studien von XAIDA-Forschern (eXtreme events: Artificial Intelligence for Detection and Attribution) lieferten 2023 eine Reihe von Erkenntnissen. XAIDA vereint 16 führende Institute in Europa, die sich mit extremen Wetterbedingungen beschäftigen. Dim Coumou, XAIDA-Koordinator und Professor für Klimaextreme und gesellschaftliche Risiken an der Freien Universität Amsterdam, erklärt, dass neue Methoden der künstlichen Intelligenz (KI) in Verbindung mit umfangreichen Klimadatensätzen es den Wissenschaftler:innen ermöglichen, die Beziehung zwischen Klimawandel und Wetterextremen auf neuartige Weise zu untersuchen. „Seit über zehn Jahren zeigen Studien, dass der Klimawandel die Intensität verschiedenster extremer Wetterereignisse erhöht. Mit diesen neuen Instrumenten können wir nun die zugrunde liegenden Prozesse und die gesellschaftlichen Auswirkungen auf noch weitaus vielfältigere Weise untersuchen.“

Die Stürme Otis und Daniel

Im Oktober 2023 traf der Hurrikan Otis in Acapulco, Mexiko, auf Land, tötete mehr als 50 Menschen und verursachte Schäden in Höhe von mehr als 10 Milliarden US-Dollar, was ihn zu einem der teuersten tropischen Wirbelstürme machte, die jemals in Mexiko registriert wurden. „Die zunehmenden Regenfälle im Zusammenhang mit dem Hurrikan Otis sind ein klares Signal des Klimawandels“, berichtet Davide Faranda, Forschungsdirektor am CNRS in Paris, der bei XAIDA die Forschung im Bereich tropischer Wirbelstürme leitet. Eine wärmere Atmosphäre kann mehr Wasserdampf speichern, was zu stärkeren Regenfällen führt. Darüber hinaus kann sich der Klimawandel auf die dynamischen Prozesse innerhalb von Gewittersystemen auswirken, wodurch sich die Niederschlagsmengen weiter erhöhen können. „Unsere Studie verdeutlicht, dass der Hurrikan Otis ein außergewöhnliches Ereignis in den Beobachtungsdaten ist und dass er ein Produkt des vom Menschen verursachten Klimawandels ist. Diese Erkenntnis unterstreicht die Dringlichkeit, die Studien zur Attribution auf Regionen auszuweiten, die für solche Stürme anfällig sind“, sagt Faranda (ClimaMeter, 2023a). „Auch im Fall des Sturms Daniel, einem sogenannten Medicane, haben die erhöhten Temperaturen im Jahr 2023 den Sturm mit zusätzlicher Feuchtigkeit gespeist, was zu extremeren Niederschlägen führte“, ergänzt Faranda (ClimaMeter, 2023b). Im September wurde Libyen vom Sturm Daniel heimgesucht, der extreme Regenfälle mit sich brachte, die zum Bruch von drei Dämmen und zum Tod von mehr als 3.400 Menschen führten. Eine Studie von World Weather Attribution ergab, dass der Klimawandel die Niederschlagsintensität um bis zu 50 Prozent erhöht hat (WWA 2023a). „Während des gesamten Jahres 2023 haben extreme Wetterereignisse gezeigt, wie schlecht die Welt auf die wachsenden Risiken des Klimawandels vorbereitet ist“, sagt Friederike Otto, Mitbegründerin von World Weather Attribution und Senior Lecturer in Klimawissenschaften am Grantham Institute, Imperial College London.

Hitzewellen rund um den Globus

Im Juli 2023 wurden die Vereinigten Staaten, Südeuropa und China von Hitzewellen heimgesucht, wobei die Temperaturen in den USA und China 50 °C überstiegen, ein Wert, der für Menschen tödlich sein kann. Eine XAIDA-Studie unter der Leitung von Erich Fischer, Professor an der ETH Zürich, zeigt, dass auch in Europa Temperaturen von über 50 °C möglich sind. So untersuchten Fischer und Kollegen Hitzewellen in Frankreich in Tausenden von Klimamodell-Realisierungen und fanden heraus, dass sehr viel stärkere Hitzewellen als derzeit beobachtet möglich sind (Fischer et al. 2023). „Hitzestress, der mit solchen extremen Hitzewellen einhergeht, stellt ein Risiko für große öffentliche Veranstaltungen in Städten dar, wie die bevorstehenden Olympischen Spiele im Sommer 2024 in Paris“, sagt Pascal Yiou, Vizekoordinator von XAIDA und leitender Forscher am CNRS in Paris (Yiou et al. 2023). XAIDA-Studien belegen, dass Hitzewellen in Europa aufgrund von dynamischen Veränderungen des Jetstream schneller als andernorts zunehmen (Singh et al. 2023, Vautard et al. 2023). Es ist derzeit unklar, warum die modernsten Klimamodelle (CMIP6) diesen Trend nicht genau abbilden, was Anlass zur Sorge hinsichtlich künftiger Prognosen zu Hitzewellen in Europa gibt.

Dürre, Ernteeinbußen und Flächenbrände

Eine aktuelle XAIDA-Studie zeigt, dass die Ernteeinbußen aufgrund von Hitzewellen und Dürren seit 1982 in wichtigen nahrungsmittelproduzierenden Regionen der nördlichen Hemisphäre zugenommen haben (Li et al. 2023). Während Wälder diesen extremen Hitze- und Trockenperioden in der Regel besser standhalten, können Ackerflächen große Produktivitätsverluste erleiden, die wiederum zu einem Anstieg der Lebensmittelpreise führen können. „Es ist besorgniserregend, dass wir bereits in den Beobachtungen der letzten 40 Jahre sehen können, dass die Ernteverluste aufgrund von hydroklimatischen Extremen zunehmen“, sagt Jakob Zscheischler, Leiter des Departments „Kombinierte Umweltrisiken“ am UFZ in Leipzig.

Die Trockenheit im Agrarbereich, eine Kombination aus niederschlagsarmen Perioden und Hitze, nimmt mit dem Klimawandel ebenfalls zu, da wärmere Luft die Böden über die Verdunstung schneller austrocknet. Die langanhaltende Dürre in der Landwirtschaft (2020-2023) in Westasien war die zweitschlimmste seit Beginn der Aufzeichnungen, aber unter den derzeitigen klimatischen Bedingungen ist sie ein relativ häufiges Ereignis, das etwa einmal pro Jahrzehnt auftritt. Durch den Klimawandel wurde die Wahrscheinlichkeit einer Dürre in Syrien und im Irak um das 25-fache und im Iran um das 16-fache erhöht (WWA 2023b). Laut Friederike Otto war die Hitze der Hauptgrund für die Dürre. „Während die geringen Niederschläge keine eindeutigen Anzeichen für eine Beeinflussung durch den Klimawandel aufwiesen, hat die extreme Hitze, die durch den Klimawandel verursacht wurde, die Verdunstung von Böden und Pflanzen erhöht, wodurch die Dürre viel intensiver wurde.“ Da ein großer Teil der Bevölkerung im Nahen Osten vom Regenfeldbau abhängt und die Bevölkerung u. a. aufgrund der Kriegs- und Nachkriegswirren gefährdet ist, hat die langanhaltende Dürre zu einer humanitären Krise geführt, in der allein in Syrien mehr als 12 Millionen Menschen von einer unsicheren Ernährungslage betroffen sind.

Die Erwärmung erhöht auch das Risiko von Hitze und Trockenheit, die Waldbrände begünstigen. Im Jahr 2023 erlebte Kanada mit 18,4 Millionen Hektar verbrannter Fläche die schwerste Waldbrandsaison aller Zeiten. Der Klimawandel hat die Wahrscheinlichkeit für heiße, trockene und windige Bedingungen, die zu Waldbränden in Québec (Kanada) führten, mindestens verdoppelt (WWA 2023c). Verheerende Waldbrände wüteten im Jahr 2023 auch im Mittelmeerraum und in Sibirien.

Verluste und Schäden

Die große Zahl verheerender Extremereignisse im Jahr 2023 und die ausgeprägte Rolle des vom Menschen verursachten Klimawandels bei vielen dieser Ereignisse – wie von XAIDA-Wissenschaftlern und anderen festgestellt – unterstreicht die Notwendigkeit der Anpassung der gesellschaftlichen Strukturen auf der ganzen Welt. In gefährdeten Entwicklungsländern können Klimaextreme zu menschlichen Katastrophen führen. Auf der COP28 wurden wichtige Schritte zur Einrichtung eines Fonds unternommen, der gefährdete Entwicklungsländer bei der Bewältigung von Verlusten und Schäden infolge von Extremereignissen und anderen Klimaauswirkungen unterstützen soll. Die verheerenden Extremereignisse im Jahr 2023 machen deutlich, wie wichtig es ist, dass dieser Fonds umgehend zur Verfügung gestellt wird.

Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ)
www.ufz.de